MSS 11 an Stationen zu seinem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“
Als Goethe 1772 in Wetzlar während seiner juristischen Tätigkeit die 19-jährige Charlotte Buff kennen lernte und sich unendlich schwärmend in sie und die Natur rund um das beschauliche Städtchen verliebte, erschien mit seinem dann 1774 verfassten Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ sein unerwartet erster Bestseller – vorerst anonym und mit heftiger Kritik ob des Suizids. Mit Gefühl statt Vernunft, mit Empfindsamkeit statt Aufklärung erreichte der erst 25-jährige Schriftsteller die junge Generation in seiner ,,Sturm- und Drang-Zeit“. Der Selbstmord löste einen Nachahmungseffekt aus, in gelber Hose mit blauem Jackett, am Schreibtisch sitzend, Lessings „Emilia Galotti“ aufgeschlagen, Kopfschuss mit Pistole.
Nach der gemeinsamen Lektüre im Deutschunterricht der Grund- und Leistungskurse der MSS 11 folgten die Schülerinnen und Schüler Goethes Spuren im heutigen Wetzlar: vom Reichskammergericht zum Goethe-Wohnhaus, von dort ins Lotte-Haus und anschließend ins Jerusalem-Haus. Die Stadtführerinnen erläuterten die Zusammenhänge der geschichtsträchtigen Orte: Goethe konnte sich keine Hoffnung auf Erhörung seiner tief empfundenen Liebe machen, da Lotte bereits mit dem Legationssekretär Johann Christiane Kestner verlobt war. So machte er sich unvermittelt im September auf den Weg in Richtung Frankfurt.
Einige Wochen später schrieb ihm Kestner, dass sich der gemeinsame Bekannte Karl Wilhelm Jerusalem in seiner Wohnung in Wetzlar das Leben genommen hatte. Jerusalems Schicksal und Goethes eigene Wetzlarer Erlebnisse bildeten den Anstoß zu seinem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“.
„Ich habe eine Bekanntschaft gemacht, die mein Herz näher angeht“ – so beschreibt Werther im Brief vom 16. Juni seinem Freund Wilhelm die erste Begegnung im Elternhaus der jungen Lotte. In den Briefen schwärmt der junge Werther von vielen Wanderungen mit Lotte, auch mit ihrem Verlobten Albert, entlang der Lahn und um Wetzlar.
Auf dem Goethe-Weg, der nach Garbenheim – im Briefroman Wahlheim genannt – führt, lasen die Schülerinnen und Schüler Textstellen aus dem Briefroman vor.
Mit der Exkursion an die literarischen Schauplätze in Wetzlar konnten die Schülerinnen und Schüler in den fiktiven Roman mit seinen vielfältigen Naturschilderungen eintauchen und dank der ausführlichen biographischen und historisch-gesellschaftlichen Hintergründe durch die Stadtführerinnen direkt vor den echten Orten sich den Roman weiter erschließen, der im Lehrplan Deutsch des Eichendorff-Gymnasiums fest verankert ist. „Endlich wieder ein Klassenausflug“, so die einhellige Meinung der Jugendlichen! Ein Deutsch-Kurs bastelte in Sichtkästen Motive sowie Souvenirs, die ihre Werther-Interpretation zeigen.