Lebendige Antike 2023/24

Programm der Lebendigen Antike 2023/4 am Eichendorff-Gymnasium in Koblenz (Vortragsreihe der vhs Koblenz)

Mi., den 8.11.2023: „ Die Rezeption des Kirchenvaters Augustinus in der Literatur des modernen Maghreb.“
Prof. Dr. Anja Bettenworth, Universität zu Köln.

Der aus Nordafrika stammende Kirchenvater Augustinus gehört zweifellos zu den großen Gestalten der europäischen Geistesgeschichte. Weitgehend unbemerkt von der westlichen Öffentlichkeit hat Augustinus in jüngster Zeit jedoch auch in den Ländern des modernen Maghreb, vor allem in Tunesien und Algerien, verstärkte Aufmerksamkeit gefunden. Dort sind seit Beginn des neuen Jahrtausends eine größere Zahl von Romanen erschienen, die die Geschichte des Augustinus auf neue und faszinierende Weise erzählen und ihn als Teil der eigenen Identität wiederentdecken. Der Vortrag führt in diese aktuelle Wiederaneignung des Kirchenvaters ein, die enge mit der kolonialen und postkolonialen Geschichte der Maghrebstaaten verbunden ist.
E-Mail: abettenw@uni-koeln.de

 

Mi., den 22.11.2023: „ Frühe Christenverfolgungen im römischen Reich (bis ca. 250 n. Chr.).“
Prof. Dr. Walter Ameling, Universität zu Köln.

Christen gelten noch heute als die am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft der Welt – und dieses Schicksal scheinen sie auch in der Antike gehabt zu haben. Der Brand Roms unter Nero und die anschließende Christenverfolgung, bei denen auch die Apostel Petrus und Paulus umgekommen sein sollen, sind durch Romane und Filme berühmt geworden. Aber waren das die großen Ausnahmen von der Regel und konnten Christen weitgehend ungestört leben, bis in der in der großen Krise des römischen Reiches während des 3. Jahrhunderts religiöser Dissens nicht mehr geduldet werden konnte? Oder waren Christen, deren Todesbereitschaft in heidnischen Quellen (bis hin zu Kaiser Marc Aurel) erwähnt wird, häufiger in Todesgefahr, als wir uns das heute vorstellen. Und welche Konsequenzen hatten Sicherheit oder Verfolgung für christliche Lebensformen?
E-Mail:  wameling@uni-koeln.de

 

Mi., den 7.2.2024: „Von Hesiod bis Aristoteles (Theokrit): Die psychotherapeutische Wirkung von Literatur“.
Prof. Dr. Jochen Althoff, Universität Mainz.

In der griechischen Literatur gibt es seit Hesiods Theogonie (spätes 8. Jh. v. Chr.) eine häufiger aufgerufene Tradition, die dem Genuss von Dichtung beruhigenden und tröstenden Einfluss auf den Menschen zuschreibt. Da dieses Thema zuerst in der epischen Dichtung auftaucht, muss man annehmen, dass die damals übliche Musikbegleitung (epische Dichtung wurde sehr wahrscheinlich wie ein Art „Rap“-Sprechgesang vorgetragen) ebenfalls eine psychotherapeutische Funktion ausübt. Aber auch der Redner Gorgias von Leontinoi (ca. 484 v. Chr. – 376 v. Chr.) überträgt Elemente der Dichtung gerade mit Blick auf ihre psychische Wirkung auf die Rhetorik. Platon lässt in seinem Ion den namensgebenden Rhapsoden eine göttlich-inspiratorische Begründung für diese Wirkung geben. Der klassische Text ist die Poetik des Aristoteles (4. Jh. v. Chr.), der von einer emotionalen „Katharsis“ spricht, die den Zuschauer einer  Tragödienaufführung  zuteil werde. Damit ist eine „Reinigung“ aufgewühlter Emotionen im Sinne einer Rückführung auf ein Normalmaß gemeint. Auch hier steht wahrscheinlich eine Art Musiktherapie im Hintergrund, die in der aristotelischen Rhetorik diskutiert wird. Sigmund Freud, der sehr gute Kenntnisse der klassischen Antike besaß, hat sich von Aristoteles zu seiner Theorie der „Abreaktion“ anregen lassen. Schließlich macht der hellenistische Dichter Theokrit in sehr kunstvoller Weise von der psychotherapeutischen Funktion der Dichtung Gebrauch, indem er besonders der aufflammenden Liebe eine Therapie durch Dichtung und Gesang anrät. All diese (oder doch die meisten) dieser Texte sollen besprochen und in ihrer jeweiligen Eigenart dargestellt werden. Generell interessiert uns die Frage, ob mit diesen Aussagen auch heute noch Gültiges über die Wirkung von Literatur ausgesagt ist.
E-Mail: jalthoff@uni-mainz.de

Mi., den 28.2.2024: „Kulturelle Teilhabe im Römischen Reich. Kaiser Hadrians Beziehungen zur   griechischen Welt“.
Dr. Jörg Fündling, RWTH Aachen..

Das Verhältnis zwischen römischer und griechisch-hellenistischer Kultur während der Kaiserzeit war nicht frei von Spannungen und beiderseitigen Empfindlichkeiten. Jeder Kaiser war automatisch Ansprechpartner für Städte, Institutionen und prominente Einzelpersonen auch aus der Osthälfte des Imperiums – doch die Möglichkeiten, wie er diese Rolle ausfüllen konnte, waren grundverschieden. Die Zeit Hadrians (117-138) brachte nicht in dieser Hinsicht eine Reihe von Überraschungen, für die Zeitgenossen ebenso wie für die moderne Forschung. Fragen des Selbstverständnisses und der Integration der zahlreichen Kulturen und Gesellschaften der klassisch-antiken Welt standen auf dem Spiel.
E-Mail. Joerg.Fuendling@rwth-aachen.de

 

Alle Vorträge finden um 19.30 Uhr im Eichendorff-Gymnasium in Koblenz (56068; Friedrich-Ebert-Ring 26-30) statt. Eintritt: 5 Euro (nur Abendkasse!).

Kontaktadresse: Ralph Riefert (Tel: 02612935478)