Auf Exkursion nach Weimar

Lesen Sie hier einen Bericht von Frederik Jenke zur Fahrt des Geschichtsgrundkurses der Jahrgangsstufe 13 von Frau Kober:

Weimar – eine interessante Stadt in Mitteldeutschland in Thüringen und seit fast drei Jahrhunderten kulturelles Zentrum. Die Stadt wird nicht nur national und international mit den Schriftstellern Goethe und Schiller verbunden, sondern auch mit dem Bauhausstil aus dem 20. Jahrhundert und der 1919 in Weimar tagenden Nationalversammlung. 

Aber auch Schattenseiten prägen die Stadt, in erster Linie natürlich das KZ-Buchenwald im Nord-Westen Weimars. Im Unterricht haben wir das Thema NS-Zeit und zweiter Weltkrieg behandelt, weshalb wir auf die Idee kamen, ein Konzentrationslager zu besuchen, und dann eine 3-tägige Exkursion nach Weimar organisierten.

Nach der erstaunlich reibungslosen Bahnfahrt am Montagmorgen erreichten wir am frühen Nachmittag das Hostel. Ohne viel Zeit zu verlieren starteten wir dann sogleich mit der von Sven organisierten Stadtführung, die uns einen guten Überblick über die zentralen Stellen der Innenstadt ermöglichte. Wichtige Personen der Weimarer Geschichte, wie z. B. Goethe, Schiller, Herzog Carl August und seine Mutter Anna Amalia, begegneten uns in den verschiedenen Referaten zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten, die wir unter uns aufgeteilt hatten, immer wieder. Am frühen Abend beendeten wir die Tour mit zwei Stunden Bowling, anschließend fiel ein Teil der Gruppe erschöpft ins Bett, während die Restlichen noch lange gesellig beim Kartenspiel in der Hotellobby zusammensaßen.

 

Der zweite Tag wurde mit einem Frühstück und anschließendem Besuch in Goethes altem Wohnhaus, dem heutigen Goethe-Nationalmuseum, begonnen. Das weitgehend im Originalzustand erhaltene Gebäude zeigte uns alles rund um Goethes Leben und Arbeiten und gab uns viele Einblicke in die Epoche der Weimarer Klassik. 

Thematisch passend führten wir den Stadtrundgang dann in den großen Park Belvedere fort, wo wir uns das Gartenhaus von Goethe und das römische Haus der Herzogs Carl August anschauten. 

Die anschließende Mittagspause war für uns frei gestaltbar, einige SchülerInnen besuchten mit Frau Kober noch die nach dem großen Brand von 2004 wieder vollständig restaurierte „Anna Amalia Bibliothek“, andere  nutzten die Zeit zum Shoppen oder Kaffee trinken. Nachmittags traf sich der Kurs im Museum „Haus der Weimarer Republik“ wieder, wo wir eine kleine Führung bekamen und anhand ausgewählter Objekte die aus dem Unterricht bekannte Epoche der ersten deutschen Demokratie anschaulich erlebten. An dieser Stelle wurden uns zwei Dinge sehr bewusst: Erstens, dass die Stadt nicht nur einen kulturell-literarischen, sondern auch einen wichtigen politischen Hintergrund hat: Immerhin war die Weimarer Republik der Startschuss für die Demokratie in Deutschland. Zweitens gehört aber auch zur Wahrheit, dass genau hier im Juli 1932 mit demokratischer Mehrheit die erste von der NSDAP angeführte Landesregierung in Thüringen gewählt worden ist. An dieser Stelle lassen sich erschreckende Parallelen zum aktuellen politischen Geschehen erkennen. Passend zu diesem Thema hatten ein paar von uns bereits am Montagabend eine für unser Empfinden sehr große Demonstration mit ca. 350 Teilnehmern miterlebt, wodurch wir uns hautnah mit einer Gruppierung aus AFD-Anhängern, Reichsbürgern, Querdenkern und weiteren rechts orientierten Menschen konfrontiert sahen. 

Zum Essen kehrten wir gemeinsam in einem gemütlichen vietnamesischen Restaurant ein, bevor auch dieser Abend dann bei einer gemütlichen Spielerunde seinen Ausklang fand.

Am letzen Tag stand dann der zentrale Programmpunkt der Exkursion an: die Besichtigung des Konzentrationslager Buchenwald, welches nicht allzu weit von der Stadt entfernt auf einer von kaltem Wind umwehten Anhöhe liegt.

Auf dem Gelände bekamen wir eine sehr interessante und auch berührende Führung. Besonders erschreckend und neu für uns waren einzelne Schicksale, die die Referentin uns schilderte: z.B. die Geschichte eines 3-jährigen Jungen, der als politischer Häftling deklariert und in diesem Lager für erwachsene Männer inhaftiert war; die Zwangsprostitution von 16 Frauen in Buchenwald, die über mehrere Jahre dort als Teil eines perfiden „Belohnungssystems“ unter den Häftlingen  dienten. Auch die Genickschussanlage, durch die reihenweise Menschen getötet wurden, sowie die Tatsache, dass die Inhaftierten selber dafür verantwortlich waren, andere ermordete Häftlinge zu verbrennen, erschütterten uns sehr.

Es ist wichtig, dass diese Aufklärung betrieben wird und so ein schrecklicher menschenverachtender Massenmord, wie in den Konzentrationslagern geschehen, nie wieder stattfindet. Denn wie uns auch erklärt wurde, wusste die Zivilbevölkerung in Weimar ganz genau über das Konzentrationslager und dessen Funktionen Bescheid. Die Häftlinge sind zum Beispiel mit Zügen nach Weimar gekommen, jedoch wurde der Bahnhof im KZ erst drei Jahre später erbaut und so kamen die meisten am Hauptbahnhof in Weimar an, der zeitgleich ganz normal von der Zivilbevölkerung genutzt wurde. In den ersten drei Tagen nach der Reichspogromnacht  waren es beispielsweise ca. 10.000 Jüdinnen und Juden, die vor den Augen der Weimarer Bürger nach Buchenwald deportiert wurden. Sehr eindringlich schilderte unsere Referentin diese Umstände und machte uns einmal mehr auf die Problematik einer Gesellschaft aufmerksam, die Unrecht einfach so schweigend hinnimmt.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass diese Exkursion unseren Horizont in vielerlei Hinsicht erweitert hat. Glücklicherweise hatten wir auch viele schöne Momente in diesen drei Tagen, so dass wir insgesamt mit guten Erinnerungen auf die Exkursion zurückblicken können. 

Frederik Jenke, MSS 13