Im „Vorspiel auf dem Theater“ heißt es am Ende: „Drum schonet mir an diesem Tag Prospekte nicht und nicht Maschinen! Gebraucht das große und das kleine Himmelslicht, die Sterne dürfet ihr verschwenden, an Wasser, Feuer, Felsenwänden, an Tier und Vögeln fehlt es nicht. So schreitet in dem engen Bretterhaus den ganzen Kreis der Schöpfung aus und wandelt mit bedächtger Schnelle vom Himmel durch die Welt zur Hölle!“
Mehr geht nicht. Der Faust. Ein Hauptwerk der deutschen Literatur. Goethe hat über 60 Jahre daran gearbeitet. Die Frage, die wir Deutschkolleginnen und -kollegen vor Steffen Schlössers „Faust für alle!“-Aufführung hatten, lautete: Ist es überhaupt möglich, ein solches Stück als Einmannstück auch nur ansatzweise wiederzugeben??
Steffen Schlösser benötigt nur wenige Minuten, um diese Zweifel zu zerstreuen. Sein „Faust“ ist konsequent auf die Schüler ausgerichtet. Sie sind die „schwankenden Gestalten“, von denen in der „Zueignung“ die Rede ist. Aus ihren Reihen holt er seinen Wagner, sein Gretchen, Valentin, eine attraktive Hexe, Marthe Schwertlein und alle anderen, die es braucht. Er selbst ist mal Faust, mal Mephisto, mal ein Zeitgenosse von heute, mal Darsteller, mal Interpret, mal Reiseführer durch die Faustgeschichte. Die Schüler lassen sich einbeziehen, klatschen, kichern, stöhnen, rufen im Chor „Scheiße“, wenn es das Stück verlangt. So sind 90 Minuten schnell herum. Am Ende bekommt Steffen Schlösser langanhaltenden und wohlverdienten Applaus. Und wir die Erkenntnis: Faust I ist und bleibt aktuell. Auch heute noch.
Dr. Paul Löhnert