Neues Programm der „Lebendigen Antike“ 2015/16

Auch im neuen Schuljahr laden wieder renommierte Wissenschaftler zu spannenden Vorträgen ein.

Mittwoch, den 11.11.2015: „Die Königsinschriften von Kommagene“. Vortrag von Prof. Dr. Georg Petzl, Universität zu Köln.

„In der Mitte des 1. Jhs v. Chr. erlebte das kleine Königreich Kommagene, im Osten an den Euphrat angrenzend, eine erstaunliche Blüte; ein Zeugnis dafür ist der von heutigen Türkei-Touristen vielbesuchte „Nemrud Dag“, das monumentale Grab-Heiligtum seines Herrschers Antiochos. Dieser begriff die Prosperität als Frucht ständiger, gleichsam persönlicher Unterstützung durch einen griechisch-römischen Götterkosmos. Des Königs fromme Lebensweise, seine politischen Erfolge und die Verdienste um seine Untertanen sind Leitmotive in seinen vielen bis heute erhaltenen griechischen Inschriften. Inhalt, Form und Entwicklung dieser bemerkenswerten Textzeugnisse sind Thema des Vortrags.“

 

Mittwoch, den 25.11.2015: „Das Jahr 476 und der (Nicht-)Untergang des Weströmischen Reiches.“ Vortrag von Dr. Andreas Goltz, Universität Mainz.

„Nachdem die „barbarischen“ Truppenverbände des italischen Heeres im Jahr 476 den germanischen Militär Odovacar zu König ausgerufen hatten, setzte dieser den letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustulus ab, sandte die kaiserlichen Herrschaftsinsignien nach Konstantinopel und herrschte fortan als „rex“ über das ehemalige Kernland der  Imperium Romanum. Das Jahr 476 gilt daher allgemein als Epochenjahr, das den Untergang des Weströmischen Reiches, wenn nicht sogar das „Ende“ der Antike generell bezeichnet. Inwieweit die Herrschaft Odovacars jedoch tatsächlich als Endpunkt politischer, sozialer und/oder kultureller Strukturen der Antike und damit als Epochengrenze zu betrachten ist, wird seit langem kontrovers diskutiert. Odovacars Regierung ordnet sich in langfristige Entwicklungen ein, die von der „Völkerwanderung“ über die mächtigen germanischen Heermeister des 4. und 5. Jahrhunderts bis zu den Reichsgründungen der Ostgoten und Langobarden in Italien führen und ebenso von Kontinuitäten wie von Veränderungen geprägt sind. Die zentrale Frage lautet daher, wie und warum diese Entwicklungen von der Mit – und Nachwelt gewichtet und entweder als Bruch oder als Fortsetzung gedeutet wurden. Und hier lassen sich durchaus noch interessante Erkenntnisse zum Ende, das (vielleicht) kein ende war, gewinnen.

 

Mittwoch, den 10.2.2016: „Rangabzeichen im römischen Heer.“ Vortrag von Dr. Stefan Pfahl, Universität Düsseldorf.

„Kannte das römische Militär schon Kragenspiegel oder Schulterklappen? Was heute ein geläufiges Unterscheidungsmerkmal zwischen (Unter-)Offizieren und Mannschaften darstellt, steht in einer 2000-jährigen Uniformtradition. Die antike Geschichtsschreibung, Papyri und Soldatengrabsteine, Wandmalereien und Steinreliefs überliefern ein abwechslungsreiches Spektrum an Dienstgradkennungen.  Hierzu gehören nicht nur textile Rangabzeichen wie die Purpurstreifen auf den Tuniken, sondern auch Orden, Helmbüsche und der Weinrebstock – das gefürchtete Züchtigungsinstrument des Centurios.“

 

Mittwoch, den 24.2.2016: „Plutarch: Gryllos – oder von den Vorzügen, ein Schwein zu sein.“ Vortrag von Prof. Dr. Jochen Althoff, Universität Mainz.

Plutarchs unvollendeter Dialog „Gryllos“ greift auf die bekannte Kirke-Episode im zehnten Buch der Odyssee zurück, wo die Göttin Kirke einen Erkundungstrupp des Odysseus in Schweine verwandelt. Später gelingt es Odysseus (ebenfalls mit göttlicher Hilfe), seine Gefährten aus ihrem tierischen Dasein zu befreien. Am Beginn von Plutarchs Schrift finden wir Kirke und Odysseus im Gespräch darüber, wie er seine Gefährten wieder in Menschen rückverwandeln kann. Kirke antwortet, das die betroffenen Schweine dies selbst entscheiden müssten. Die hinderliche Sprachbarriere beseitigte Kirke, indem sie einem Schwein namens Gryllos („Grunzer“) die menschliche Sprache verleiht. Mit ihm unterhält sich Odysseus dann, und es stellt sich zu seinem Erstaunen heraus, dass das Schwein, das vormals ein Mensch war, gar keine Ambitionen hat, wieder  in seine menschliche Gestalt zurückzukehren. Vielmehr legt es die zahlreichen Vorteile tierischen Lebens dar, die im Wesentlichen darauf hinauslaufen, dass die Tiere von menschlicher Verdorbenheit in moralischen Fragen völlig frei sind. Sehr wahrscheinlich musste also Odysseus am (nicht erhaltenen) Ende des Dialogs die geplante Rückverwandlung seiner Gefährten aufgeben, Der Vortrag will die philosophischen und literarischen Hintergründe des amüsanten Werkes erhellen. Im Vordergrund soll die frage stehen, welches Bild von Tieren und Menschen Plutarch in dieser Schrift entwickelt.“